22. Mai 2002

Mittwoch, 22. Mai 2002

Heute war mal wieder ein recht freundlicher Tag, die Sonne schien und es war auch noch warm. Aus diesem Grund hab ich mir auch die Freiheit genommen und draußen in der Sonne gearbeitet. Wenn man ein Büro hat, welches kein direktes Fenster nach außen hat ist das schon mal notwendig im Winter. Ich hab mir also etwas Fachliteratur zum lesen mitgenommen, und mich auf die Sonnenterrasse der Mensa zu den anderen sonnenhungrigen Studenten gesetzt, so kann der Winter von mir aus weiter gehen.

Nach dem Mittag hatte ich geplant, in einen anderen Stadtteil von Sydney zu fahren, um mir endlich ein Fahrrad zu kaufen. Ich hatte von Yvonne den Tipp bekommen, dass es in dem Shopping Center von Top Ryde eine Art Pfandhaus gibt, bei dem man auch günstige Räder erstehen kann. Man musste halt nur mit dem Bus dorthin fahren. Mein neuer Kollege Junji wollte mich dorthin begleiten, denn auch er wollte sich noch ein Rad zulegen. Wir hatten uns einen Bus für kurz vor zwei ausgesucht. Leider musste Junji dann noch kurzfristig passen, weil er die Möglichkeit wahrnehmen wollte, sich Möbel für seine Wohnung zu besorgen, das geht nun mal vor.

Ich bin dann also alleine zum Bus gegangen. Ich wusste zwar nicht so recht wo ich hin wollte bzw. wo ich aussteigen musste, aber der Busfahrer war mir gerne dabei behilflich. Nach gut einer viertel Stunde Fahrt war ich dann beim Shopping Center in Top Ryde angekommen. Nachdem ich den Eingang gefunden hatte, hab ich mich auf die Suche nach dem Pfandhaus gemacht. Ich hatte mir zuvor schon einige Sorgen gemacht, wie ich in einem so großen Komplex einen bestimmten Laden finden sollte, weil ich mich auch jetzt noch regelmäßig in meinem Shopping Center verlaufe. Zum Glück war dieses Center aber bei weitem nicht so groß wie das vor meiner Haustür. Es hatte nur zwei Etagen, wobei die untere nur als Imbissmeile genutzt wurde und einen Woolworth beherbergte. In der oberen Etage gab es dann mehrere Banken, Telefonshops und Klamottenläden sowie einiges anderes mehr. Als ich so ziemlich am Ende war, hab ich auch den angesprochenen Laden gefunden, und man konnte die Fahrräder schon vor dem Laden begutachten. Die meisten Räder waren in einem guten Zustand, aber wenn man auf den Preis geguckt hat, waren sie nicht günstiger als die neuen Räder, welche ich schon bei „The Big W“ gefunden hatte. Es mag zwar sein, dass diese Fahrräder hier von besserer Qualität waren, aber das wusste ich nicht zu beurteilen. In diesem Aspekt blieb mein Nachmittagsausflug also erfolglos. Er war trotzdem interessant wieder einen anderen Teil der Stadt zu sehen, obwohl auch hier im Grunde tote Hose herrschte mit Ausnahme des Shopping Centers. Ich hab mich schließlich wieder auf den Rückweg gemacht, um das Fahrrad dann in der heimischen Shopping Anlage zu erstehen. Der Bus auf dem Rückweg hat einen anderen Weg genommen als auf dem Hinweg, und es war wieder interessant, zu sehen wie die nähere Umgebung so aussieht. Auch hier gab es hier vorwiegend kleine Einfamilienhäuser in grünen, eigentlich ganz nett, wenn etwas mehr los wäre.

Zurück daheim hab ich mich dann auch gleich auf den Weg gemacht zu „The Big W“, wo ich vor einigen Tagen schon mal nach Rädern geschaut hatte. Bevor ich jedoch eines der ausgestellten Räder mitnehmen wollte, hab ich nach Helmen gesucht, welche wie schon erwähnt Pflicht in Australien sind. Es gab eine große Palette an verschiedenen Modellen, die für mich bis auf die Farbe alle gleich aussahen. Ich hab dann den zweitgünstigsten mal aufgesetzt, und er passte, soviel dazu. Der Helm hat $20 gekostet. Danach wollte ich mir noch ein Schloss kaufen, denn auch hier sind Räder ohne nicht sicher. Zuerst hab ich nach Bügelschlössern gesucht, welche es aber nicht gab, deshalb hab ich mich für ein sehr dickes Kabelschloss für ebenfalls $20 entschlossen. Dann ging es aber endlich daran das richtige Fahrrad auszusuchen. Sie hatten ca. 5 verschiedene Herren-Modelle zur Auswahl, angefangen bei $159 bis hin zu $430. Das günstigste Modell sah auf den ersten Blick ganz vernünftig aus, aber das nächst teurere Fahrrad hatte einen ergonomischen Lenker und sollte nur $70 mehr kosten, außerdem war es eine bekanntere Marke, nämlich Dunlop. Für dieses Rad hab ich mich dann auch schließlich entschieden, und es sollte $230 kosten. Wenn ich mir den Preis meiner bisherigen Fahrräder ansehe ist das richtig billig, ob das Fahrrad letztendlich etwas taugt wird sich noch herausstellen, aber ich brauche es ja auch nur für ein knappes halbes Jahr. Nachdem mir ein freundlicher Verkäufer das letzte Ausstellungsstück aus der Verankerung geholt hatte, bin ich dann vollbeladen zur Kasse gerollt oder vielmehr geschoben. Dort angekommen hab ich dann zum ersten mal mit meiner Kreditkarte bezahlt, weil ich nicht genug Bargeld dabei hatte. In Deutschland ist es ja mehr verbreitet mit der EC-Karte zu bezahlen, hier bezahlt man öfter mit Kreditkarte oder auch mit der Geldkarte, die in Deutschland ja nicht wirklich benutzt wird, obwohl sie fast jeder hat. Den Weg zurück musste ich das Rad noch schieben, weil ich die Größe erst noch richtig einstellen muss, im Augenblick ist das Fahrrad mehr für Zwerge voreingestellt, aber durch die vielen Asiaten ist die Durchschnittsgröße hier auch nicht so groß wie bei uns. Das wollte ich aber erst später machen, weil ich kein Werkzeug hier hatte.

Nach dem Abendessen war ich noch kurz bei Kaz, um Adressen und Telefonnummern mit ihm auszutauschen, weil ich ja morgen ausziehen werde. Kaz kommt aus Japan und heißt mit vollen Namen Kazayuki. Er ist mit 35 Jahren bestimmt einer der ältesten Studenten hier und studiert Buchhaltung. Er hat schon jede Menge mitgemacht in seinem bisherigen Leben, bevor er nämlich angefangen hat, hier zu studieren, hat er zehn Jahre lange in einer relativ gehobenen Position für eine große japanische Bank gearbeitet. Im diesem Rahmen war er unter anderem für mehrere Jahre in Argentinien und auch in Seattle. Ich finde es schon erstaunlich, dass man sich dann noch einmal aufraffen kann, um studieren zu gehen, aber er hat noch hohe Ziele.

Auf dem Rückweg zu meinem Zimmer ist mir James noch über den Weg gelaufen, er ist PHD Student, und beschäftigt sich wie ich mit der Elektrotechnik, jedoch im Elektronikbereich. James konnte mir aber bei meinem Problem mit dem Werkzeug weiterhelfen, denn er hatte einen kleinen Werkzeugkoffer in seinem Zimmer, welchen er mir leihen konnte. So konnte ich dann auch noch heute mein Fahrrad richtig einstellen und eine kleine Runde über den Campus drehen, mehr war leider nicht drin, weil die vorgeschriebene Beleuchtungsanlage nicht serienmäßig bei dem Rad dabei war, ich muss mir in den nächsten Tagen also noch Licht kaufen. Auf dem Campus ist das aber egal, und somit konnte ich das erste mal seit vier Wochen wieder in die Pedale treten, ein herrliches Gefühl, und nach einigem probieren hatte ich auch die richtige Sattelhöhe gefunden. Ich glaube ich werde noch viel Freude an diesem Rad haben. Gleich will ich vielleicht noch eine weitere Runde mit meinem Zimmernachbarn Phil drehen, der auch einer der wenigen ist, die hier ein Rad haben.

So jetzt bin ich wieder zurück von meiner Tour mit Phil. Im nachhinein muss ich sagen ich hatte viele interessante Gespräche heute, auch mit Phil hab ich mich die Tour über gut unterhalten, er studiert hier Physik. Tage wie dieser kommen hoffentlich noch häufiger, dann vergisst man auch sein Heimweh.

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