14. Mai 2002

Dienstag, 14. Mai 2002

Die erste Nacht in meinem neuen Zimmer hab ich nicht so gut geschlafen. Zum einen bin ich hier gebettet wie die Prinzessin auf der Erbse auf zwei Matratzen gleichzeitig, und für den zweiten Grund muss ich etwas weites ausholen. Als ich gestern zum ersten mal das Zimmer betreten habe, stach mir ein furchtbar süßlicher Geruch in die Nase, und ziemlich schnell hatte ich die Quelle davon auch gefunden. In einer Steckdose war ein automatischer Parfümzerstäuber eingesteckt und versprühte seinen billigen Duft. Das brauch ich nicht, hab ich mir gedacht, und das Gerät sofort entfernt und das Fenster aufgemacht. Nach einiger Zeit fing es dann aber an zu muffeln, aber ich dachte durch das offene Fenster würde das schon vergehen. In der Nacht hatte ich das Fenster jedoch dann geschlossen, und so langsam wurde mir bewusst woher der unangenehme Geruch kam, nämlich direkt aus dem Bett. Am nächsten Morgen, also quasi heute hab ich sofort wieder den Zerstäuber eingestöpselt.

Vormittags bin ich dann arbeiten gegangen, ich hatte immer noch viel zu lesen. Zum Mittagessen sollte es wieder selbstgemachte Enchiladas geben, diesmal sogar mit Fleischfüllung. Danach hab ich noch schnell geduscht, denn anschließend wollte ich mich auch den Weg machen, um mir das Zimmer bei Yolla anzusehen.

Obwohl ich mich auf dem Weg dorthin verlaufen hatte, war ich noch relativ pünktlich um 14 Uhr dort. Ich hatte glaub ich schon gesagt, dass das Haus von außen einen richtig guten Eindruck gemacht hat. Auf mein Klingeln öffnete eine Frau mittleren Alters die Tür, Yolla. Sie war sehr freundlich, und ich konnte mich sofort gut mit Ihr unterhalten. Jetzt hat sie mir unter anderem auch erzählt, warum sie Deutsch sprechen kann, ihr Mann kommt nämlich aus Österreich, und sie haben dort und auch in Deutschland für eine Zeit lang gelebt. Ich hab mich aber hauptsächlich auf Englisch mit ihr unterhalten, und mir wir in letzter Zeit immer wieder von anderen gesagt, dass mein Englisch doch ganz gut sei, dann ist da doch wohl was dran.

Als es dann daran ging, das Zimmer zu besichtigen, hat Yolla mich erst mal aufgeklärt, dass das Zimmer nicht in diesem Haus sei, sondern im Haus nebenan. In diesem Haus wohne sie mit ihrem Mann und vier Kindern, welche etwas jünger sind als ich. Also haben wir einen kurzen Weg zum Nachbarhaus gemacht, und ich konnte mir die Räumlichkeiten dort ansehen. Insgesamt gibt es in dem Haus sechs Schlafzimmer und zwei Badezimmer. Die Küche ist für alle zugänglich und ein kleiner Gemeinschaftstisch mit Fernseher war auch da. Der Raum den ich haben könnte war von normaler Größe und in dem Zimmer war eigentlich alles vorhanden, was man so braucht: Bett, Schrank und Tisch samt Stuhl. Das Fenster geht nach Norden hin, was auf der Südhalbkugel Sonne den ganzen Tag bedeutet. Ich denke das ist für den Winter hier bestimmt nicht verkehrt, wenn sich das Zimmer tagsüber etwas aufwärmt, denn in der Nacht wird es hier recht kühl, und eine Heizung hatte der Raum nicht. Von meinen zukünftigen Mitbewohnern war leider zu dem Zeitpunkt keiner da, es sollen aber bis auf eine Ausnahme alles Studenten sein. Ich hatte durchweg einen positiven Eindruck von dem Haus, und da ich mich auch gut mit der Vermieterin verstanden habe, wurden wir uns schnell einig, hier wollte ich für das nächste halbe Jahr wohnen.

Für die Formalitäten sind wir dann wieder in das andere Haus gegangen. Das Zimmer sollte $135 in der Woche kosten plus geteilte Strom- und Telefonrechnung, dazu kann man nichts sagen. Eigentlich hätte Yolla auch noch gerne eine Art Anzahlung von mir gehabt, damit ich mich nicht doch noch kurzfristig anders entscheide, aber außer $50 hatte ich nichts dabei. Das sei zwar etwas wenig, aber schon in Ordnung, meinte sie. Die Anzahlung ist unter anderem Notwendig, weil ich erst am nächsten Donnerstag einziehen kann, der Raum ist vorher nämlich nicht frei, aber das war mir nach zweieinhalb Wochen Suche dann auch egal. Weiterhin sollte ich bei meinem Einzug noch $600 Kaution hinterlegen, sowie die Miete für die ersten vier Wochen bezahlen, ich denke mein Weg wird mich in den nächsten Tagen wohl mal wieder zum Geldautomaten führen.

Ein kleiner Nachteil von diesem Haus war eigentlich nur, dass es relativ weit von der Uni und damit von meiner Arbeit entfernt ist, ich habe gut 30 Minuten zu Fuß benötigt, um dorthin zu laufen, das wollte ich nicht unbedingt jeden Tag zwei mal machen. Yolla hat mir zwar erzählt, dass ein Bus zur Uni fährt, ich wollte aber lieber mit einem Fahrrad fahren. Von dieser Idee war sie ganz begeistert, weil sie schon seit einiger Zeit ihre beiden Töchter (18 jährige Zwillinge) davon überzeugen will, auch mit dem Fahrrad zur Uni zu fahren und nicht immer mit dem Auto. Sie meint, wenn die beiden sehen, dass ich mit dem Fahrrad fahre, könnte die beiden das vielleicht anspornen sich mir anzuschließen, und gegen Gesellschaft beim Rad fahren hab ich auch nichts einzuwenden.

Nachdem wir alles geklärt hatten, musste ich mich wieder auf den Rückweg machen und dabei konnte ich heute zum ersten mal meinen neuen Regenschirm testen, denn es hat den ganzen Tag geregnet. Obwohl man das nicht richtig Regen nennen kann, das war immer so zwischen brauch ich jetzt einen Schirm oder nicht. Gegen Abend wurde das Nass von oben dann aber doch etwas stärker, da war ich aber schon lange wieder zu Hause. So ein Tag Regen ist hier aber gar nicht so schlimm, schließlich hatte ich bisher ja schon reichlich Sonne gehabt, und meist ist am nächsten Tag auch schon wieder der Himmel blau, so ununterbrochen bedeckt für zwei Wochen wie in Deutschland gibt es hier glaub ich gar nicht.

Für mich war das in jedem Fall ein positiver Tag, auch wenn ich hier jetzt wieder alleine in meinem kleinen Studentenzimmer sitze, ich weiß ja jetzt, dass ich eine Sorge weniger habe, und freue mich schon, darauf nächste Woche umzuziehen.

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