15. Juni 2002

Samstag, 15. Juni 2002

Die nächste interessante Begebenheit sollte dann bis zum Samstag dauern. Hierzu muss ich jedoch etwas weiter ausholen. Vor einigen Tagen hat mir ein Freund aus Bremen geschrieben, dass ein Arbeitskollege von ihm einen Sohn hat, der auch gerade ein Praktikum in Sydney macht, und er hat mir seine Internetadresse gegeben (schönen Gruß auch an Marco). Der gute Mann heißt Bartosz, und auf seiner Webseite hab ich dann auch seine E-Mail Adresse gefunden, und ihm mal einfach so geschrieben. Das fand er ziemlich cool, und wir haben beschlossen, am Samstag das Achtelfinalspiel der deutschen Mannschaft gegen Paraguay gemeinsam zu sehen.

Das Spiel sollte um 16:30 beginnen, und wir wollten es uns in einer deutschen Kneipe in der „Altstadt“ ansehen. Vorher wollte ich aber noch ein wenig in der City shoppen gehen. Heute bin ich dazu auch zum ersten mal mit dem Zug in die Stadt gefahren. Zuerst bin ich also mit dem Rad zur Bahnstation gedüst und hab mir dort ein Ticket gekauft. Die Preise für die Züge sind etwas teurer als für die Busse mit Zehnerkarte, weil es leider keine Zehnerkarten für die Züge gibt. Ich hab mir aber gleich ein Hin- und Rückticket gelöst, und musste somit für beide Strecken auch nur $4,20 bezahlen. Nach rund 20 Minuten warten auf dem Bahnhof, ich hatte ja keinen Fahrplan, kam dann endlich der Zug. Hier gibt es auch so schöne Doppelstockwagen wie in Deutschland, welche von innen jedoch nicht so gepflegt aussahen wie die der DB. Die Fahrt an sich dauerte rund 30 Minuten und sollte eigentlich bis in die zentrale City gehen. Doch heute nicht, ich hab zwar an einigen etwas undeutlichen Ansagen im Zug erkennen können, dass der Zugführer einem irgendetwas von „terminating“ gesagt hat, aber erst als alle ausgestiegen sind, hab ich gewusst, dass der Zug wohl doch nicht mehr weiter fährt sondern in der Central Station endet, welche am Rand der City liegt. Was soll’s, hab ich mir gesagt und bin die letzten paar Hundert Meter dann halt zu Fuß gegangen, dummerweise hatte ich heute keinen Stadtplan dabei und bin deshalb etwas unkonventionelle Wege zu meinem Ziel gegangen, aber anhand der Sonne konnte man gut erkennen wo Norden ist, und da musste ich hin.

Mein Ziel war die kleine Fußgängerzone am Central Point, wenn man das überhaupt so nennen kann. Dort angekommen bin ich zuerst in den Food Court gegangen, denn mittlerweile hatte ich einigen Kohldampf bekommen. Man kann dort ja drei mal in die Runde gehen und weiß immer noch nicht wofür man sich entscheiden soll. Letztendlich ist meine Wahl dann aber auf Indisch gefallen, denn ich wollte mal wieder etwas scharfes. Man konnte sich dann auf einem Teller mit Reis zwei Beigaben aussuchen. Meine erste Wahl fiel auf eine gelbe Sauce, die nach Curry aussah und Linsen beinhaltete. Im Nachhinein war das nicht so lecker. Dafür war meine zweite Sauce um so besser, scharf mit Rindfleisch. Dazu gibt es dann natürlich noch Wasser zum löschen. Gut gesättigt hatte ich dann noch knapp eine Stunde zum shoppen, bis ich mich zum Treffpunk aufmachen musste. Gefunden habe ich zwar nichts, aber interessant war es trotzdem.

Ich wollte mich mit Bartosz um 15:30 Uhr beim McDoof am Circular Quay treffen, und von dort aus dann weiter. Das Problem bei der ganzen Sache war nur, dass ich Bartosz vorher nur auf kleinen Internet Bildern gesehen hatte, und das war mittlerweile auch schon etwas her, und er hat mich noch gar nicht gesehen. Als ich also am Treffpunkt ankam, war ich mir nicht ganz sicher nach wem ich jetzt Ausschau halten musste. Nach einigen warten haben wir uns dann aber doch gefunden und uns erst mal mit einem zünftigen „Moin“ begrüßt, das hatte ich schon lange nicht mehr gehört. Nach den ersten paar Gesprächen haben wir uns dann auf den Weg in „The Rocks“ gemacht, wo wir uns das Spiel im Löwenbräukeller ansehen wollten. Das ist die deutsche Kneipe in der die Kellner Lederhosen und die Kellnerinnen Dirndl tragen. Hier waren zwei Riesenleinwände aufgebaut, und das ganze Haus war voll.

Man konnte annehmen, dass alle deutschen Fußballfans aus Sydney hier waren, zum einen Touristen, welche nur vorübergehend hier Station machten, zum anderen waren aber auch einige deutsche Auswanderer dort, die immer noch Heimatgefühle hatten. Wie schon der Name der Kneipe sagt, gab es deutsches Bier, und das floss reichlich obwohl die Preise mehr nach Oktoberfest als nach Bierkeller aussahen. Und selbst die Bedienungen sprachen fast alle mehr oder weniger Deutsch. Um 16:30 Uhr fing dann das Spiel an und die Stimmung wurde zunehmend besser. Immer wenn Tante Käthe Rudi Völler auf der Leinwand zu sehen war ging ein „Ruuuuudii“ durch die Menge, irgendwie schon sehr witzig. Nach einem mäßigem Spiel kam dann zum Glück in der 88. Minute das erlösende Tor von Neuville, und man konnte aus dem Saunakeller an die frische Luft gehen. Auf dem Weg nach draußen haben wir dann sogar noch einen Fan im grünen SVW Trikot gesehen, da war die Freude natürlich groß.

Weil der Abend noch jung war sind Bartosz und ich nach dem Fußballfest noch weiter in Richtung Circular Quay und Opernhaus gezogen, und haben uns im Opera House Café noch an die Promenade zum Opernhaus gesetzt mit einem wunderbaren Blick auf die Hafenbrücke. In diesem Moment haben wir beide wieder mal gemerkt, was wir doch für ein Glück haben hier am anderen Ende der Welt in Sydney ein Praktikum machen zu können. Es war ein milder Abend und wir haben sogar ein paar Sternschnuppen gesehen. Einige Zeit haben wir uns dann noch über unsere bisherigen Erfahrungen hier ausgetauscht, bis wir uns dann in Richtung Heimweg aufgemacht haben. Wieder ging es mit dem Zug zurück, was aber bis auf eine längere Wartezeit kein größeres Problem war. Wieder in Eastwood am Bahnhof angekommen musste ich dann jedoch feststellen, dass man auch in Sydney nicht unbedingt sein Fahrrad am Bahnhof stehen lassen sollte. Ich hatte keine Luft mehr auf dem Vorderrad, weil jemand auf die Idee gekommen war, dass es vielleicht komisch sei. Ich hatte auch befürchtet, dass mein Ventil geklaut wurde, und musste nun mein Rad mehr oder weniger nach Hause schieben. Am nächsten Morgen hab ich dann gemerkt, dass das Ventil noch vorhanden war, ich war am Abend aber nicht mehr dazu fähig, das zu realisieren, weil ich doch stark angeheitert war. Das war mir in dem Moment aber auch egal, ich war einfach glücklich darüber einen schönen Abend gehabt zu haben. Das nächste Spiel werde ich mir wieder mit Bartosz im Löwenbräukeller ansehen.

[Home] [Das bin ich] [Mein Weg nach Australien] [Praktikums tagebuch] [Links] [Kontakt] [Fotos und Bilder]